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Goodbye, Akademie!

Nun ist es so weit. Ich sitze vor weißen Wänden und reflektiere über meine Zeit als Studienleiter der Evangelischen Akademie der Pfalz, die am Mittwoch ganz offiziell zu Ende gehen wird. Brüssel, Bonn, London, Sydney, Mannheim und… Annweiler. Die Stationen meines Lebens lassen mich auch heute noch schmunzeln, jedoch bereue ich keine von ihnen. Aber von vorne…

Vor knapp vier Jahren begann meine Zeit bei der Evangelischen Akademie der Pfalz – damals noch im "Exil" in Annweiler, da das Butenschoen-Haus zu dieser Zeit umgebaut wurde. Doch statt provinzieller Enge und provinziellem Stillstand lernte ich intelligente, reflektierte, motivierte und engagierte Menschen kennen, mit denen ich in Zukunft Wirtschafts- und Unternehmensethik in die politische Jugendbildung bringen sollte. Unter dem Slogan „Die Junge Akademie. Ethik auf den Punkt gebracht.“ ging und geht es immer noch darum, jungen Menschen die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Ethik näher zu bringen und sie dabei zu unterstützen, verantwortungsbewusste und mündige Bürger*innen in den komplexen Wirtschaftszusammenhängen zu werden. Die Möglichkeit, mit jungen, motivierten und engagierten Menschen über Wirtschafts- und Unternehmensethik zu diskutieren hat mich sehr gereizt und so machte ich mich voller Tatendrang an die Arbeit.

Der erste – positive – Kulturschock ereignete sich dann beim Betriebsausflug, den wir für eine schöne Wanderung durch das Trifelsgebirge nutzten. Der Pfälzer Riesling noch vor 11:00 Uhr sowie die Pfälzer Platte zum Mittagessen (bestehend aus Leberknödel, Bratwurst und Saumagenscheibe aus Sauerkraut) waren etwas gewöhnungsbedürftig, aber gaben mir schnell das Gefühl, mich hier wohlfühlen zu werden.

In den ersten Wochen saugte ich alles auf und versuchte, unterstützt von meinem damaligen Kollegen und Vorgesetzten Dr. Jan Hendrik Quandt, mich schnell zurecht zu finden, nur um einige wenige Zeit später von Hendriks Kündigung zu erfahren. Es hat sich zugegebenermaßen ein wenig wie eine Trennung angefühlt: „Sebastian? Kommst du gleich mal bitte in mein Büro? Wir müssen reden.“ Diese harmonische, äußerst lehrreiche und insgesamt einfach gute Zeit soll nach so kurzer Zeit schon zu Ende sein? Hendrik setzte jedoch alle Hebel in Bewegung und gab sich größte Mühe, die Übergabe so gut wie möglich vorzubereiten. Nach zwei gemeinsamen Workshops fand ich mich plötzlich allein im Jugendbildungsbereich wieder, den ich zu der Zeit kommissarisch leitete. Ich musste mich schnell selbst organisieren und lernte unheimlich viel dazu während dieser Zeit. Der eine oder andere Rückschlag war natürlich auch dabei, aber ich durfte definitiv eine steile Lernkurve erleben!

Doch Verstärkung nahte! Nach intensiven Vorstellungsgesprächen haben wir für Felix Kirschbacher entschieden, der im Januar 2017 zum Team stieß. Und er war – oh Wunder – genauso wenig wie Hendrik und ich ein Wirtschaftswissenschaftler. (Akademiedirektor Dr. Christoph Picker hat knapp zwei Jahre gebraucht, mich nicht mehr als Wirtschaftswissenschaftler zu bezeichnen. Anscheinend ist das ein Qualitätsmerkmal im kirchlichen Umfeld...). Der Medienwissenschaftler brachte frische Ideen, neue Perspektiven und ab und zu grandioses Tiramisu in die Akademie! Von nun an schmissen wir also gemeinsam den Laden und entwickelten das Jugendbildungsprogramm weiter. In vielen gemeinsamen Brainstorming-Sessions haben wir am Programm gefeilt und letztlich ein Zertifikat konzipiert, das Teilnehmenden die Möglichkeit gibt, mehrere Workshops zu besuchen und anschließend ein Zertifikat zu erhalten. Viele gemeinsame Workshops haben wir geplant und durchgeführt und uns über viele Themen ausgetauscht.

Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, möchte ich mich in erster Linie bei all denen bedanken, die diese Zeit so intensiv und wunderbar gemacht habe. Ich bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen, die mich bei verwaltungstechnischen Fragen beraten und unterstütz haben und bei den Studienleiterkollegen, mit denen ich viele interessante inhaltliche Fragen erörtern durfte und spannende Veranstaltungen konzipiert, geplant, durchgeführt und besucht habe. Auch bedanke ich mich für das Feedback zu meiner eigenen Forschungsarbeit im Rahmen meiner Promotion. Die Arbeitsatmosphäre in der Akademie war geprägt von Wertschätzung, gegenseitigem Respekt und Interesse an der eigenen Person und Position. Ich bedanke mich bei allen Teilnehmer*innen, die mit großen Interesse und Engagement bei meinen Workshops teilgenommen haben und immer wieder kritische Fragen gestellt haben. Ich bedanke mich bei den vielen interessanten Referent*innen, die uns mit ihrer Expertise bereichert haben. Menschen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche und Politik durfte ich kennenlernen. Wenn kann schon von sich behauptet, mit einem Waffenlobbyisten und einer Prostituiertenlobbyisten gesprochen zu haben? Ich bedanke mich bei allen Unterstützer*innen und Netzwerkpartner*innen, mit denen ich interessante Gespräche führen durfte.

Nun werde ich mich ganz meiner Dissertation an der Uni Mannheim widmen, die ich dieses Jahr noch fertigstellen möchte. Es liegt noch ein großer Haufen Arbeit vor mir und ich werde es vermissen, mit Kolleg*innen, Referent*innen und Teilnehmer*innen über meine Arbeit zu diskutieren. Nichtsdestotrotz bin ich hochmotiviert, auch diesen Abschnitt sauber abzuschließen. Und auch beruflich geht es weiter! Am 1. April 2020 werde ich bei der Beratungsgesellschaft sieber | wensauer-sieber | partner als Projektleiter einsteigen, die mit ihren Kunden nachhaltige und werteorientierte Konzepte im Bereich Strategie und gesellschaftlichem Engagement entwickelt und umsetzt.

Am Ende bleibt mir nur zu sagen: Bleibt engagiert und interessiert! Seid empathisch und reflektiert! Übernehmt Verantwortung und kämpft für eure Sache!

Euer Sebastian

P.S.: Ich würde mich natürlich riesig darüber freuen, mit euch im Kontakt zu bleiben. Dafür könnt ihr mir gerne eine Email an meine private Emailadresse senden supburger[at]gmail[dot]com